„Ich habe mit viel gerechnet, aber das war ja besser als Weihnachten und Geburtstag zusammen“, hielt Rebecca Hödl bei der Einkleidung des Team Austria mit ihrer Freude nicht hinter dem Berg. Und dass, obwohl „Rot nicht unbedingt meine Lieblingsfarbe ist, aber die Teile sehen richtig gut aus“.
Die große Reisetasche bietet nicht nur Platz für das Equipment der Muay Thai-Kämpferin, es würde sich im Fall der Fälle auch noch ein Plätzchen für etwas Übergepäck finden. Denn: „Es sind zwar meine ersten The World Games, aber natürlich fahre auch ich hin, um zu gewinnen. Ich möchte zeigen, was ich kann, will überraschen“, so die dreimalige Staatsmeisterin und amtierende Vize-Europameisterin.
Dabei sein ist demnach nicht alles für die Kämpferin vom KSF Gym Leoben, aber: „In meinem Alter ist es eine einmalige Chance, dass ich das erleben darf. Ich möchte wirklich alles aufsaugen, was Birmingham zu bieten hat, mir von möglichst vielen verschiedenen Sportarten und Athlet:innen meinen Input holen“, so die Spätstarterin.
„Lasse mich nicht gerne einschränken“
Spätstarterin deshalb, weil sie erst vor vier Jahren die Liebe zum Kampfsport wiederentdeckt hat.
„Am Anfang war es eine Mischung aus Langeweile und zu viel Gewicht“, erzählt Hödl, die als Kind Judo gemacht hat, „und dann lange gar nichts“. Über das Thaiboxen kam sie zum Muay-Thai – und fand am Variantenreichtum und dem Mix aus den verschiedenen Techniken schnell Gefallen. „Das macht den Sport so interessant – und ich lasse mich nicht gerne einschränken“, lacht sie.
Dass es im Ring oftmals auch brutal zugeht, verneint Hödl energisch: „Auch wenn bei uns abgesehen von Aktivitäten in die Familienplanung alles erlaubt ist, geht es beim Fußball sicher schlimmer zu!“
Aufgrund ihrer Judo-Vergangenheit sucht sich die Nähe ihrer Gegnerinnen und den Clinch. Die Griffkraft ist das eine, ein Gefühl für die Bewegungen ihres Gegenübers das andere.
„Ich spüre schon was meine Gegnerin macht, bevor sie aktiv wird. Im Zusammenspiel mit den Emotionen in den maximal 3 mal 3 Minuten im Ring („Das ist einmal All-you-can-eat!“) wird Hödl jedes Mal aufs Neue alles abverlangt. „Es ist ja nicht nur der Kampf und die Gegnerin, es wirken auch viele andere Dinge ein, wie zum Beispiel der Trainer oder das Publikum. Damit muss man mental klarkommen.“
Über den Sport hinaus
Deshalb beschäftigt sich Hödl nicht nur intensiv mit dem Muay-Thai selbst, sondern auch mit vielen Faktoren, die direkt oder indirekt auf ihre Leistung einwirken.
Zum Beispiel ihren Zyklus und die damit verbundenen Phasen davor und danach, in denen Dinge leichter oder eben nicht ganz so leicht von Hand und Fuß gehen. „Ich lerne Körper und Geist immer wieder neu kennen.“
Ihr Wissen und ihre Erfahrungen gibt sie im Verein auch weiter an die nächste Generation. „Es ist spannend zu sehen, wie Kinder kognitive Fähigkeiten entwickeln, sich in einer Gruppe zurecht finden und mit jedem Training selbstbewusster werden. Da sieht man, welche Kraft der Sport hat.“